Traumjobsuche: Die wichtigsten Strategien im Bewerbungspoker
Beim Angebot gleich zusagen oder noch auf Besseres warten? Wer auf Jobsuche ist, muss manchmal pokern. Mit welcher Strategie fahren Bewerberinnen und Bewerber am besten?
Neues Jahr, neues Glück: Der Wunsch nach beruflicher Veränderung geht bei vielen mit guten Vorsätzen Hand in Hand. Dann aber kann es schnell kompliziert werden. Man bewirbt sich auf zwei, drei Stellen und während man noch auf die Zusage des Traumarbeitgebers wartet, hat man schon eine andere. Kann man den Arbeitgeber hinhalten? Und wenn ja, wie? Fünf Punkte, die weiterhelfen.
1. Nicht zu lange pokern
Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, hält die Strategie, vor Annahme des Angebots um eine Woche Bedenkzeit zu bitten, für unbedenklich: „Eine Woche Bedenkzeit ist wirklich nicht das Problem.“
Schließlich hat auch der Arbeitgeber ein Interesse daran, dass die Entscheidung für einen Job wohlüberlegt und mit gutem Gefühl getroffen wird. „Ein Arbeitgeber, der einem Bewerber bei so einer Entscheidung nicht ein paar Tage Zeit gibt, hat vermutlich auch keine gute Führungskultur“, gibt der Karriere-Coach Bernd Slaghuis zu bedenken.
Zu lang sollte die Bedenkzeit aber nicht sein: „Wer zu lange pokert, kann am Ende wirklich ohne Angebot dastehen“, sagt Recruiting-Expertin Katharina Hain vom Personaldienstleister Hays. Ein Angebot anzunehmen und nach Vertragszusendung um Bedenkzeit zu bitten oder sich nach Ablauf der Bedenkzeit nicht zurückzumelden, sind ebenfalls klare No-Gos. „In einem Arbeitsverhältnis geht es auch viel um Vertrauen“, so Hain.
Rechtlich gesehen kann es nur dann problematisch werden, wenn ein Vertrag bereits unterschrieben wurde, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Solange ich keinen Vertrag unterschrieben habe, hab ich das Angebot rechtlich gesehen nicht angenommen.“
Und auch dann besteht in der Regel vor Arbeitsantritt noch eine Kündigungsfrist. Sollte diese nicht greifen, kann es sein, dass eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts droht. „Aber auch hier bleibt letztlich fraglich, ob die im Einzelfall wirklich wirksam ist“, sagt Bredereck.
2. Mit offenen Karten spielen
Am besten spielen Bewerberinnen und Bewerber von Anfang an mit offenen Karten. „Das ist auch eine Frage der Werthaltung“ sagt Kanning. Wer möchte, dass in einem Bewerbungsprozess fair mit einem umgegangen wird, sollte diese Wertschätzung auch dem potenziellen Arbeitgeber entgegenbringen.
Das kann etwa bedeuten, eine verbindliche und zeitnahe Frist anzugeben, bis zu der man sich zurückmeldet – und diese einzuhalten. Für Hain zeugt das von Konsistenz und Verlässlichkeit. Kompetenzen, die im Berufsalltag gefragt sind.
Es kann ebenso legitim sein, offen anzugeben, dass man sich noch in anderen Gesprächen befindet und eine ausstehende Rückmeldung noch abwarten möchte. In den meisten Fällen sind sich Arbeitgeber bewusst darüber, dass Bewerber sich nicht nur bei einer Stelle bewerben. Christiane Karsch, Coach für berufliche Neuorientierung, sagt: „Ich glaube, dass Firmen eher dankbar sind, wenn man offen ist. Das ist ja eine Form des Respekts und der Wertschätzung.“
3. Bewerbung auf Augenhöhe
Es gehe letztlich nicht nur darum, dass Firmen den passenden Arbeitnehmer finden. „Die Bewerbungsszene hat sich komplett verändert“, sagt Karsch. In Zeiten des Fachkräftemangels können sich Bewerber auch immer mehr in der Auswahlrolle sehen: „Das findet auf Augenhöhe statt.“
Statt auf die Zusage des Traumarbeitgebers zu warten, können Bewerber auch selbst aktiv werden. Slaghuis rät dazu, einfach mal nachzufragen: „Wie weit sind Sie im Prozess? Bin ich auf den vorderen Plätzen? Wann und wie geht es weiter?“ Das könne die eigene Position beim Traumarbeitgeber sogar stärken. Man sollte aber aufpassen, keinen Druck auszuüben. Das könne der Arbeitgeber auch negativ werten, warnt Kanning.
4. Die zweite Wahl als Chance sehen
Selbst wenn es sich letztendendes beim erhaltenen Angebot nur um die zweite oder dritte Wahl handelt, sollten Bewerber noch einmal genauer hinschauen, rät Slaghuis: „Was konkret macht diesen Job weniger attraktiv und gibt es etwas, das geschehen müsste, damit auch dies der Traumjob wird?“
Woher kommen die Zweifel? Sind mir Sachen im Gespräch negativ aufgefallen? Oder liegt es an einem bestimmten Bild vom Traumarbeitgeber, das ich habe? „Man muss auch sehen, dass die Vorstellung eines Traumarbeitgebers nicht unbedingt der Realität entspricht“, sagt Kanning.
Häufig seien Arbeitgeber aufgrund eines bestimmten Images oder Renommees Traumarbeitgeber. Die Arbeitszufriedenheit hängt aber stark damit zusammen, mit wem man zusammenarbeitet, welche Führungskultur es gibt und welche Stimmung im Team herrscht. Hier hilft es, sich darüber klar zu werden, welche Kriterien einem im Job wichtig sind.
5. Klarheit schafft Sicherheit
Wenn man merkt, dass noch Fragen auftauchen, kann man auch um ein zweites Gespräch bitten. „Vielleicht ist es nur die zweite Wahl, weil mir noch wichtige Informationen fehlen“, sagt Slaghuis. „Klarheit schafft Sicherheit.“ Eine Möglichkeit für mehr Sicherheit besteht darin, an einem Schnuppertag das Team und die Arbeitskultur kennenzulernen, schlägt Hain vor.
Wenn dann immer noch Zweifel bestehen, sollte man auf sein Bauchgefühl hören. „Man muss da auch ehrlich zu sich selbst sein“, sagt Kanning. Es kann auch klug sein, einen Vertrag ziehen zu lassen – dann sollte man aber auch rechtzeitig absagen.