60 Jahre Beamten-Selbsthilfewerk BSW spiegeln ein Stück Wirtschaftsgeschichte wider
Mit rund 500.000 Mitgliedsfamilien und über einer Million Verbrauchern ist BSW mit Sitz in Bayreuth eines der größten Rabattsysteme in Deutschland. Aufgrund der breiten Mitgliedsgemeinschaft kann das Unternehmen bei seinen Partnern besonders gute Konditionen und Preise aushandeln, die in Form von Boni, Rabatten und Sonderangeboten direkt an die Mitglieder weitergegeben werden. Die Idee dazu entstand mitten im deutschen Wirtschaftswunder. Ein Rückblick.
Gut zwei Dutzend Hamburger Zollbeamte waren es, die sich 1960 zusammenschlossen, um günstiger an Kartoffeln, Kohle, Christbäume und Möbel zu kommen. Per Mundpropaganda wurde das Beamten-Selbsthilfewerk schnell bekannt. Schon ein Jahr nach Gründung wurden fast 14.000 Tonnen Kohle darüber geordert. Es folgten Zweigstellen in Bremen, Kiel, Lübeck und Cuxhaven. Neben Versicherungen gehörte auch bald Treibstoff zum BSW-Angebot. Mitglieder zahlten für den Liter Diesel damals nur 38 Pfennige und für den Liter Super 50 Pfennige! Und weil auch die Reiselust der Deutschen stieg, entstand kurzerhand ein eigener BSW-Reisedienst.
Arbeiten im Homeoffice schon 1962
Die Gründer standen so hinter ihrer Idee, dass sie die Arbeit anfangs nebenbei und ehrenamtlich absolvierten. Büroräume gab es keine, stattdessen stellte die Geschäftsführung ihre Privatwohnungen zur Verfügung. Um die Arbeit zu bewältigen, wurde 1962 schließlich ein Frührentner eingestellt, der von seiner eigenen Wohnung aus hauptsächlich Betreuungskarten ausstellte: die erste Arbeitskraft des BSW! Da immer mehr Geschäfte am BSW teilnehmen wollten, reichten die Räume schnell nicht mehr aus, sodass 1962 ein kleines Geschäftshaus in Hamburg angemietet wurde. Von hier aus wurde das BSW nicht nur geleitet, auch der erste eigene BSW-Laden mit Lebensmitteln eröffnete in den Räumlichkeiten.
In den Folgejahren entstanden in der ganzen BRD Zweigstellen mit eigenen Läden. Ende 1965 gab es bereits 28 Lebensmittelgeschäfte, in denen BSW-Mitglieder meist Zweitmarken bekannter Hersteller vergünstigt einkaufen konnten. Der Laden in Bayreuth, der sich wie viele weitere BSW-eigene Läden als „BSW-Ladenunion“ bezeichnete, verfügte sogar über zwei Etagen und bot alles, was das Herz damals begehrte. 1968, das Jahr, in dem das Unternehmen seinen Sitz von Hamburg nach Bayreuth verlegte, markiert einen Wendepunkt: Man spezialisierte sich nun auf die Vermittlung von Waren und Dienstleistungen.
Boom bei Partnerfirmen und Mitgliedern
Da kam es recht, dass Anfang 1969 eine der wichtigsten Geschäftsbeziehungen für BSW zustande kam – mit dem Großversandhaus Quelle. Eine Sogwirkung machte sich bemerkbar, viele große und kleine Partnerfirmen wurden gewonnen. Anfang der 70er Jahre titelte die BILD: „10 Semmeln für 29 Pfennig – nur Beamte können so billig einkaufen“. Doch sparen ließ sich auch bei Autos. So startete Peugeot als erste Automarke beim BSW durch. Bis heute ist der Autobereich ein wichtiges Standbein des BSW.
Ab Mitte der 80er Jahre erfolgte der bundesweite Ausbau der BSW-Vertriebsstellen. Sie dienten zum einen als Beratungsstelle für die Mitglieder, zum anderen wurde dadurch das Leistungsspektrum weiter verbessert. Die Niederlassung in Berlin bewies sich später als wichtige Basis, um schnell in den neuen Bundesländern Fuß zu fassen. So verdoppelte sich im Zeitraum von 1989 bis 1994 die Mitgliedsanzahl. Zugleich kamen immer mehr Partnerfirmen aus den neuen Bundesländern sowie Versandhändler und überregional arbeitende Unternehmen hinzu. Heute arbeiten rund 20.000 Akzeptanzstellen vor Ort sowie über 750 ausgewählte Onlineshops mit BSW zusammen.
BSW in erfahrenen Händen
Mittlerweile heißt das Unternehmen BSW Verbraucher-Service Beamten-Selbsthilfewerk GmbH und ist gemeinsam mit der AVS GmbH, dem technischen Dienstleister, Teil der VVS-Gruppe, die über fünf Millionen Kundenkarten in rund 30 verschiedenen Systemen als Full-Service-Dienstleister betreut. Weitere Geschäftsfelder der VVS-Gruppe sind touristische Karten- und Meldescheinsysteme. 2014 übernahmen im Rahmen eines Management-Buy-Outs drei bisherige Manager die Holding. Rainer Saalfrank, Bernhard Löffler und Martin Steinlein sprangen in die Presche, als sich der AXA-Konzern aus strategischen Gründen von den Geschäftsfeldern trennen wollte. Die drei Eigentürmer führen auch heute noch gemeinsam die Geschäfte. „Diese Investition haben wir bisher nicht bereut“, so Rainer Saalfrank. Extra-Vorteilen im Jubiläumsjahr sollen den vielen treuen Mitgliedern ein Dankeschön sein.