Jeder vierte Azubi löst seinen Ausbildungsvertrag vorzeitig. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Still vor sich hin leiden muss aber niemand, der in der Ausbildung nicht glücklich ist.
Bonn/München (dpa/tmn) – Raus aus der Schule, rein ins Arbeitsleben. Mit einer klassischen dualen Berufsausbildung starten Jugendliche oft schon früh in die Erwerbstätigkeit. Doch nicht immer läuft alles rund. Das kann sogar dazu führen, dass Azubis vorzeitig ihre Lehre beenden.
Einzelfälle sind das nicht. Dem Berufsbildungsbericht 2019 zufolge, der auf Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) basiert, wird mehr als jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst.
„Manche steigen noch in der Probezeit wieder aus, andere sind schon in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Ausbildung“, sagt BIBB-Mitarbeiter Michael Schulte.
Falsche Vorstellungen von der Arbeit im Betrieb
Die Ursachen, warum junge Leute vorzeitig eine Ausbildung beenden, sind vielfältig. „Es können private Gründe sein, etwa eine Krankheit, psychische Probleme, eine Schwangerschaft oder familiäre Schwierigkeiten“, so Schulte.
Andere haben sich völlig falsche Vorstellungen gemacht und sich im Vorfeld unzureichend informiert. „Die konkreten Arbeitsbedingungen im Betrieb überraschen schon einige Jugendliche, besonders, wenn es nicht der Wunschausbildungsplatz ist“, sagt Per Kropp vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Dann gibt es Fälle, in denen Konflikte mit Vorgesetzten oder Kollegen, zum vorzeitigen Abbruch der Lehre führen. Zum Teil liegt es auch an der niedrigen Vergütung oder an den schlechten Ausbildungsbedingungen.
In großen Betrieben ist die Betreuung oft besser
„Je größer ein Unternehmen ist, desto geringer ist die Abbruchquote bei Auszubildenden“, so Kropp. Das liegt aus seiner Sicht nicht zuletzt daran, dass es in größeren Firmen eher personelle Kapazitäten gibt, sich um den Azubi zu kümmern, als in kleineren Betrieben. „Allerdings können auch kleinere Familienbetriebe mit ihrer besonderen Unternehmenskultur punkten.“
Für den Lebenslauf von Auszubildenden ist ein Abbruch nicht unbedingt negativ. „Hauptsache, sie haben einen Plan B“, betont Schulte. Was bedeutet: Möglichst nahtlos die Firma oder den Ausbildungsberuf wechseln.
Hilfe für unglückliche Azubis
Ein Ausbildungsabbruch ist also kein Beinbruch. Wer sich nicht wohlfühlt, muss aber nicht sofort alles hinschmeißen. „Es existieren viele Hilfsangebote“, sagt Schulte. Azubis können sich etwa an die Arbeitsagentur vor Ort oder die jeweilige Berufskammer wenden.
Eine weitere Möglichkeit: Die bundesweite Initiative VerA (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen). Fachleute im Ruhestand mit großer Berufs- und Lebenserfahrung stehen Azubis quasi als ehrenamtliche Mentoren zur Seite.
VerA unterstützt Azubis unabhängig von ihrer beruflichen Richtung. Azubis können eine Begleitung über die Webseite, per Mail oder via Telefon anfordern. Die Ruheständler helfen bei sprachlichen wie fachlichen Defiziten, üben mit Azubis etwa die mündliche Prüfung oder bringen ihnen bei, eine Präsentation zu halten.
„Wenn der Azubi es wünscht, nimmt sein VerA-Begleiter auch Kontakt mit dem Ausbilder auf“, erzählt Schropp. Die Begleitung ist kostenlos – für den Azubi genauso wie für den Betrieb oder die Berufsschule.
Natürlich ist nicht nur der Azubi selbst in der Verantwortung. Ausbilder können ebenfalls einen Beitrag leisten. Überstunden oder ausbildungsfremde Tätigkeiten darf es für Azubis nicht geben. „Ausbilder sollten sich so früh wie möglich klarmachen, wo ein Azubi Probleme hat und Lösungsvorschläge unterbreiten“, so Schropp.
Von Sabine Meuter, dpa