Kein Hitzefrei auf der Baustelle
Klettern die Temperaturen in die Höhe, fällt die Arbeit oft schwer. Wer einen Job im Freien hat, kann dann nicht einfach den Ventilator einschalten oder der Sonne entkommen. Was hier gilt.
Im Gartenbau oder auf der Baustelle: Liegt der Arbeitsplatz im Freien, sind Beschäftigte direkt der Sonne ausgesetzt – und der UV-Strahlung. Eine festgelegte Grenze, ab wie viel Grad Celsius draußen nicht mehr gearbeitet werden darf, gibt es allerdings nicht.
„Daher gibt es auch kein allgemeines Recht auf Hitzefrei – egal ob im Büro oder im Freien“, so André Niedostadek, Professor für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz.
Was also können Beschäftigte, die unter freiem Himmel arbeiten, bei hohen Temperaturen tun?
Zunächst einmal sind ihre Arbeitgeber gefragt. „Sie sind aus Gründen des Arbeitsschutzes verpflichtet, bei Hitze Maßnahmen zu treffen“, so Niedostadek.
Nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) müssen sie etwa eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchführen und konkrete Schutzmaßnahmen festlegen, über die die Mitarbeiter informiert werden. „Dabei hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht“, erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck.
Zu den Schutzmaßnahmen können etwa Schattenspender wie Sonnensegel oder Sonnenschirme gehören. Auch „Flexibilität bei den Arbeits- und Pausenzeiten, etwa dadurch, dass die Arbeit eher am Morgen oder am Abend erbracht wird, Verzicht auf Überstunden und auch mehrere Pausen sind denkbar“, so Niedostadek. Für letztere sollte es dann schattige Plätze geben.
Außerdem können zu den Schutzmaßnahmen Sonnenschutzcremes, Sonnenbrillen, Schutzkleidung und Getränke gehören, die zur Verfügung gestellt werden. Diese müssen Beschäftigte dann nicht selbst bezahlen. Denn: „Die Kosten dafür trägt der Arbeitgeber“, so Fachanwalt Alexander Bredereck.
Wie können sich Beschäftigte vor UV-Strahlung schützen?
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) rät auf ihrem Portal „Klima Mensch Gesundheit“ bei Arbeiten im Freien idealerweise lange Hosen und langärmelige Hemden oder Shirts aus Baumwolle zu tragen. Außerdem: Kopfbedeckungen mit Nacken- und Ohrenschutz.
Persönliche Schutzausrüstung, die am Arbeitsplatz vorgeschrieben ist, muss allerdings auch bei hohen Temperaturen getragen werden. Besteht Schutzhelmpflicht, kann man Nacken und Ohren etwa durch ein zusätzliches Tuch oder einen einknöpfbaren Nacken- und Ohrenschutz abschirmen, so die BZgA.
Wichtig: Unbedeckte Körperteile wie etwa Gesicht und Hände vor der Arbeit gründlich mit Sonnenschutzmittel einreiben. Dieses sollte vor UV-A- und UV-B-Strahlen schützen und mindestens einen Lichtschutzfaktor von LSF 30 haben.
Außerdem nicht vergessen: Regelmäßig Sonnenschutz nachlegen, wenn man schwitzt und sich so der Film der Sonnencreme auf der Haut verringert, heißt es in der Broschüre „Hautschutz bei Tätigkeiten im Freien“ der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM).
Generell sinnvoll: möglichst viel im Schatten oder in Innenräumen erledigen. Sind bestimmte Arbeiten nicht im Schatten möglich, können der BG ETEM zufolge womöglich vorbereitende Tätigkeiten an schattigen Orten erledigt werden.
Und wenn man die Arbeit bei Hitze dennoch unangenehm findet?
„Beschäftigte dürfen nicht einfach den Arbeitsplatz verlassen, nur weil sie meinen, es sei zu heiß für sie“, erklärt Niedostadek. „Wer das tut, riskiert zumindest eine Abmahnung.“ Er rät, „den Arbeitgeber erst einmal darauf hinzuweisen, wenn es aufgrund der Temperaturen unerträglich wird.“ Bei gesundheitlichen Problemen kann man sich aber natürlich krank melden.
Der Arbeitgeber ist außerdem verpflichtet, „das Befinden der Arbeitnehmer durchgängig zu überwachen und bei gesundheitlichen Problemen umgehend ärztliche Hilfe zu organisieren“, erklärt Fachanwalt Bredereck. „Da es in Deutschland wenig konkrete Regelungen für den Außenbereich gibt, wird das Thema von vielen Chefs vernachlässigt. Das kann sich im Schadensfall rächen.“ Denn „im Extremfall“ müsse der Arbeitgeber dem Arbeitsrechtler zufolge neben Schadensersatzansprüchen dann auch strafrechtliche Ermittlungen fürchten.